Ein Platz, wo "es nach Arbeit riecht"

Googelt man die Formulierung „es riecht nach Arbeit“ erscheinen zahlreiche Links zu Körpergerüchen und Abhilfe.

 

Die Formulierung „es riecht nach Arbeit“ wird jedoch auch öfters in der Literatur genutzt, wenn Personen unmittelbar vor großen Aufgaben stehen. Das was jetzt ansteht ist mit Anstrengung verbunden und oftmals ist körperliche Anstrengung schweißtreibend und halt mit Gerüchen verbunden.

 

 

Wir wollen es hier bei dem Spruch „es riecht nach Arbeit“ bewenden lassen. Die bevorstehende Aufgabe, die direkt vor einem steht, das Umfeld, in dem intensiv gearbeitet wird, dieser Gedanke soll uns leiten.

 

Die Frage ist, riecht es überall nach Arbeit? Geht Arbeiten überall? Ist Arbeit „ansteckend“?

 

 

Ein kleiner Ausflug in persönliche Erfahrungen:

 

Ich habe mehr als 15 Jahre in Projekten gearbeitet, war dabei sehr viel unterwegs und war es gewohnt mobil zu arbeiten. Noch immer beeindrucken dabei die Arbeitserfahrungen. Zwei Beispiele für „es riecht nach Arbeit“:

 

 

Ein Meeting in Frankfurter Raum über Tag und am Spätnachmittag die Rückfahrt in den Norden. Man weiß, wann der ICE in Frankfurt abfährt, nimmt einen rechtzeitigen Zubringerzug und ist frühzeitig auf dem Frankfurter Hauptbahnhof. Um die Zeit zu nutzen, strebt man die die DB-Lounge. Eine halbe Stunde – herunterfahren, entspannen. Es war mir nicht möglich – es riecht dort nach Arbeit.

 

 

Du betrittst die DB-Lounge, egal ob erste oder zweite Klasse und bist umgeben von dicht gedrängten arbeitenden Menschen. Ein Getränk holen, Gepäck beobachten, umschauen. Alle arbeiten. Hier sitzt keiner nur herum und wartet auf den Zug. Kostüme, Hosenanzüge, Anzüge und Schlipse, Laptops, Handy, geschäftliche Smalltalks. Es riecht nach Arbeit. Hier ist keine Pause auf der Reise – hier wird Zeit genutzt – muss effektiv genutzt werden.

 

 

Wie lange halte ich es aus, nichts zu tun? Ich habe ja einen Termin gehabt. Hier ist ein Protokoll zu schreiben, sicher sind in der Zeit schon wieder Emails angekommen, ich könnte auch schon ein Vorbereitungsgespräch für den morgigen Termin machen. Ich halte noch aus – schau auf die Bahnsteige mit den vielen Menschen. Alle um mich herum arbeiten. Ist ja Quatsch, hier einfach zu sitzen und die Zeit zu verplempern. Ich hole mein Laptop heraus. Ich habe verloren? Nein, gut dass ich es (wie die anderen) gemacht habe. Schon viele Emails, eine Rückrufbitte und noch nicht einmal das Protokoll begonnen.

 

 

Ein zweites Reisebeispiel:
Arbeitssitzung in Berlin bis in den späten Nachmittag. Anschließend zum Hauptbahnhof gespurtet, um den 17:40 Uhr ICE nach Hamburg zu erreichen. Geschafft und nur mit Platzkarte sinnvoll. Die Zeit, die die meisten Mitreisenden brauchen, um ihr Kleinstgepäck zu verstauen, den Platz einzunehmen, den Laptop aufzuklappen, das Ladekabel anzuschließen, das Handy auf Vibrationsalarm umzustellen, die Kopfhörer aufzusetzen, die Zeit ist fast in Sekunden zu messen. Das sind jedoch nicht einige wenige, das sind fast alle. Es riecht nach Arbeit – und es sei gestattet – an heißen Tagen noch ein wenig intensiver.

 

 

Wie lange halte ich es aus, nichts zu tun? Ich schau aus dem Fenster, sehe die Straßen und Orte an mir vorbei rauschen, von der Stadt, in der ich aufgewachsen bin. Erinnerungen huschen durch den Kopf. Die Fahrkartenkontrolle holt mich in den Zug zurück.

 

 

Es gibt kaum jemanden der aus dem Zugfenster schaut. Für viele ist es tägliche Routine Hamburg – Berlin – Hamburg. Einzelne, die nicht arbeiten, versuchen zu schlafen. Das Ziel ist, einigermaßen fit zuhause anzukommen, da man ja morgen früh wieder den Zug um 6:00 Uhr nach Berlin nimmt. Ein Mitfahrer hat dies optimiert, in dem er sich seine Bahncard 100 mit einer kleinen Kette an das Revers gehängt hat, so dass ihn die Fahrkartenkontrolle nicht wecken muss. Die Profis haben ihre Karte schon bereit auf den Tisch gelegt, so dass sie bei der Kontrolle nicht einmal hochgucken müssen. Es riecht nach Arbeit.

 

 

Ich gebe auf. Auch mein Arbeitspensum ist groß. Sicher ist der Tag schon lang genug, aber was ich heute nicht noch schaffe, dass staut sich auf morgen. Also Laptop raus und arbeiten – die Zeit sollte genutzt werden.

 

 

Diese zwei Beispiele sollen zeigen, dass eine „Rund-um-Arbeitsatmosphäre“ ansteckend ist. Sie macht nicht nur – im negativen Sinnen gesehen – Druck, nein, sie schafft auch ein Umfeld, in dem Arbeit selbstverständlich ist und man sich dem entsprechend anschließt.

 

 

Und nun eine Fantasie:
Wie anders würde es sein, wenn man im Bahnhof ankommen würde, jemand nimmt einem Trolli und Laptoptasche zur sicheren Verwahrung auf und man wird in großes, wohl temperiertes Gewächshaus geleitet. Ein Rundweg erschließ eine bunte Pflanzenwelt, Vogelgezwitscher und Wasserplätschern. Rechtzeitig vor Abfahrt des Anschlusszuges wird man abgeholt, erhält sein Gepäck und wird an seinen Sitzplatz geleitet.

 

In diesem Umfeld würden die wenigsten auf ihren Laptop bestehen und sich neben einem Kaktus zum Arbeiten auf eine Beetkante setzen. Hier riecht es nicht nach Arbeit. Hier riecht es nach Freiraum, nach Kreativität, nach Gedanken kreisen lassen.

 

 

Achtung! Aufwachen – Du sitzt jetzt im Zug – schau Dich mal um. Jetzt riecht es wieder nach Arbeit.

 

 

 

Resümee

 

Das Umfeld beeinflusst in starkem Ausmaß die Haltung. Der Mensch lässt sich leicht mitreißen, im Sinne einer produktiven Arbeit sowie auch bei Lockerheit und Entspannung. Die (Arbeits)-Energie einer DB-Lounge überträgt sich, auf das eigene Verhalten.

Und stell´ Dir auf der anderen Seite die Situation in einem Büro vor, in dem Treppenhausgespräche, das Zeitunglesen, ausgiebige Pausen das Handeln prägen. Hier konzentriert und produktiv zu arbeiten erfordert schon eine sehr, sehr große Willensstärke.

 

 

Konsequenz

 

Dies bedeutet, dass Führungskräfte als auch Mitarbeiter*innen, der jeweiligen Arbeitsumgebung frühzeitig eine hohe Aufmerksamkeit widmen sollten.

 

  • Aus diesen Gründen können Arbeiten im Homeoffice unter Umständen zielführender geleistet werden als in der angestammten Büroumgebung.

 

  • Lässt die häusliche Situation aus den unterschiedlichsten Gründen ein technisch optimales oder konzentriertes Arbeiten nicht zu, kann auch eine Bürosituation mit viel social grooming noch effektiver sein.

 

  • Haben Mitarbeiter*innen im Homeoffice auf Dauer die Befürchtung zu vereinsamen, stimmt die technische Anbindung nicht, gibt es keinen ordentlichen Arbeitsplatz, kann die Nutzung eines Coworking Space eine Alternative sein.
  • Ideen mit Dritten kurz anzureißen, Kreativität zu spüren und neue Kontakte schließen; dies alles lässt sich u.U. auch in einem Coworking Space gut umsetzen.

 

Insbesondere nach den vielen erforderlichen Umstellungen während der Corona-Pandemie, haben Führungskräfte sowie auch Mitarbeiter*innen unterschiedliche Arbeitsorte kennengelernt, ausprobiert und erfahren. Für Führungskräfte sollte es daher Ziel sein, die Mitarbeiter*innen dort arbeiten zu lassen, wo es für sie am effektivsten ist, die Arbeitsleistung zu erbringen.

 

 

Es ist eine Anforderung der kommenden Monate, dies zu realisieren und die erforderlichen Schritte daraus abzuleiten.

 

Hier kommt der Personalentwicklung eine wegweisende Aufgabe zu: Im Gespräch mit Mitarbeiter*innen zu klären, welche Erfahrungen gemacht wurden, was zu beizubehalten oder zu optimieren ist aber auch die Mitarbeiter*innen zu berücksichtigen, die sich nach tradierten Arbeits-(Ort)-Modellen zurücksehnen.

 

 

Eine spannende Aufgabe, die angepackt bedeutet, Mitarbeiter*innen mit ihren Empfindungen zur Arbeitsumgebung wertzuschätzen, sie zu unterstützen, um damit insgesamt die Leistungsbereitschaft optimal zu fördern.

 

Wenn Du Lust hast, schreibe mir doch, wo es für Dich "nach Arbeit riecht".

 

Thomas Wick
Diplom-Verwaltungswirt

 

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